Freie Beiratswahlen gibt’s nicht: WEG-Verwalter bestimmt Beirat und ernennt “Beirat auf Probe”

[Beitrag 7151] – KEINE Beschlussvorlagen bei Beiratswahlen, da so Weisungen in Vollmachten missbraucht werden und andere Bewerber ggf. ausgeschlossen werden

KEINE Beschluss-Vorlagen bei Beiratswahlen, da so Weisungen in Vollmachten missbraucht werden und anderen Bewerber ausschließen
Die Welt steht Kopf, wenn sich naive Wohnungseigentümer alles gefallen lassen.
Das Wunschdenken unseriöser Hausverwalter wird wahr.  Der Dienstleister macht dem Auftraggeber klarmacht, wer seine Interessen gegenüber dem Dienstleister zu vertreten hat und nicht! 

Praxisfall:
In der anstehenden WEG-Versammlung soll der Beirat neu gewählt werden. In der Einladung findet sich folgender TOP:

“TOP Beschlussfassung über die Wahl eines weiteren Beiratsmitgliedes
Der Verwaltungsbeirat unterstützt den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben. Der Wirtschaftsplan, die Abrechnung über den Wirtschaftsplan, Rechnungslegung und Kostenvoranschläge werden, bevor die Wohnungseigentümerversammlung über sie neu beschließt, durch ihn geprüft bzw. mit dem Verwaltungsbeirat abgestimmt.
Der Verwaltungsbeirat besteht in der Regel aus drei Wohnungseigentümern, die ihrerseits aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden wählen. Die Wohnungseigentümer können durch Stimmenmehrheit die Bestellung eines Verwaltungsbeirats beschließen.

Auf der letzten Eigentümerversammlung hat Frau L. Interesse an der aktiven Mitarbeit im Verwaltungsbeirat bekundet. Sofern ein/e weitere/r Eigentümer/in Interesse an der Mitarbeit im Beirat hat, bittet die Verwaltung um eine entsprechende Information.Vorgeschlagenen Beschlußfassung:
Die Eigentümergemeinschaft beschließt, Frau L. ab sofort und bis auf Widerruf als Beirätin zu wählen.”

Kritik:
a) Beschlussvorschlag mit Personenbenennung bei Beiratswahl ist ungewöhnlich und manipulativ
Generell sind Beschlussvorschläge prima und sehr hilfreich, vor allem bei komplizierteren Sachverhalten.
Nun ist eine Personenwahl nicht kompliziert. Das Vorschlagen eines namentlich genannten Verwaltungsbeirats ist jedoch sehr ungewöhnlich!
Denn: weitere Interessenten werden von vorneherein ausgeschlossen. Vor allem, wenn per Weisungsvollmacht für diesen Beschluss gestimmt wird.
Vorgeschlagenen Beschlußfassung:
Die Eigentümergemeinschaft beschließt, Frau L. ab sofort und bis auf Widerruf als Beirätin zu wählen.”

b) Wenn der Beirat aus 3 Mitgliedern bestehen soll – wo sind denn dann die anderen? Durch Nachfragen wird erfahren, dass es keine weiteren Beiratsmitglieder gibt
Die Formulierung des TOPs “TOP Beschlussfassung über die Wahl eines weiteren Beiratsmitgliedes” ist irreführend und falsch. 
Frau L. soll also als – einzige – Beirätin gewählt werden? 
– Ja, weil alle anderen Interessenten erst einmal ein Jahr “auf Probe” arbeiten sollen, damit sichergestellt wird, dass sie sich verwalter-konform und unkritisch verhalten.

Bei Besprechung dieses TOP melden sich zwei weitere Miteigentümer, möchten gerne mit Frau L. als Beirat tätig werden.
Normalerweise sollte es nun zu einer Abstimmung kommen und die beiden Miteigentümer gewählt werden. Dann besteht der Beirat aus drei Personen, was die Regel ist.

Nicht so hier: der Verwalter dankt für die Bewerbungen und versichert, dass er diese beiden Miteigentümer für Beiratswahl der nächsten (!) Versammlung vorsehen werde.
Sie würden nun für ein Jahr “Beirat auf Probe” sein.

Weiter teilt die Verwaltung mit, dass nun über den TOP Beiratswahl abzustimmen sei.
Zur Wahl steht nur Frau L., weil, so die Hausverwaltung ” der Beschlussvorschlag dies so vorsieht”.
Die Eigentümergemeinschaft beschließt, Frau L. ab sofort und bis auf Widerruf als Beirätin zu wählen.”

Frau L., die neue Beirätin, erläutert das Prozedere: auch sie hatte sich letztes Jahr auf der Eigentümerversammlung als Beirätin beworben. Diese Bewerbung wurde von der Verwaltung “festgehalten”, um auf der nächsten Versammlung (der heutigen) thematisiert zu werden.

Frau L. war dann ein Jahr “Beirat auf Probe” (andere Bewerber oder Beiräte gab es nicht)..
Nach quasi erfolgreicher Probezeit und mit dem Wohlwollen der Verwaltung wurde sie nun – alternativlos –  und ohne wirkliche (!)  Beiratswahl zur Wahl gestellt.

Diese Alternativlosigkeit zeigte sich auch in den Vollmachten zur Eigentümerversammlung, die zahlreich genutzt wurden:
Fazit:
– Die unwissenden und manipulierbaren Eigentümer in dieser WEG werden durch eine unseriöse Hausverwaltung fremdbestimmt.

– Das wichtige Amt des Verwaltungsbeirats wird statt von 3 Personen – von nur 1 Person (!) ausgeführt.
Die Besetzung des Beirats mit nur einer einzigen Beirätin, die sich in der “Probezeit” als nicht zu verwalterkritisch herausstellte, ist vor allem interessant in Hinblick auf die Tatsache, dass auf der nächsten Versammlung der Verwaltervertrag verlängert werden soll! 
Bestände der Beirat aus 3 Personen und wären dort kritische Stimmen zu hören… würde die Verwaltung ggf.  abgewählt werden.
Dieser Gefahr möchte sich der Verwalter nicht stellen.

– Zwei weitere Bewerbungen als Verwaltungsbeiräte werden von der Verwaltung ignoriert und die Eigentümer an einer freien Wahl gehindert!
Die Beiratswahl wurde durch die manipulative Formulierung des (unnötigen) Beschluss-Vorschlags in Verbindung mit der Weisungsvollmacht, die 2/3 der Eigentümer nutzten, vorbestimmt. Eine freie, vom Beschlussvorschlag unabhängige Wahl, fand NICHT statt.

– Stattdessen dürfen beide Beiratskandidaten ein Jahr als “Beirat auf Probe” arbeiten. Wenn die Verwaltung mit ihnen zufrieden ist, werden sie im nächsten Jahr vielleicht als Beirat aufgestellt.

– Die in der Versammlung gewählte Beirätin hat sich – aus Sicht der Hausverwaltung – als “Beirat auf Probe” bewährt. Denn sie hält dieses ganze Prozedere für richtig und korrekt.