Archiv der Kategorie: 2.4. VOLLMACHTEN

“Vorratsbeschluss” vermeiden. Beirat hat KEINE Entscheidungskompetenz

Wie unprofessionell und unseriös eine WEG-Hausverwaltung und die drei Beiräte einer größeren Wohnungseigentümergemeinschaft sind, zeigt dieses Beispiel.
In dieser Wohnanlage gibt es zahlreiche Möglichkeiten, im Gemeinschaftseigentum stehende Räume zu vermieten, z.B. leer stehende und z.Z. nicht zugeordnete Kellerräume (ehem. Waschküchen), Parkplätze auf dem Hof und eine gemeinsame Mietwohnung (ehem. Hausmeisterwohnung).
Gier und Machtstreben führten zu einem Tagesordnungspunkt, der erstaunen lässt:

TOP 14 Vorratsbeschluß über die Bevollmächtigung der Hausverwaltung zukünftigen Vermietungen von Gemeinschaftsflächen in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat vornehmen zu dürfen.“
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WEG-Verwalter lässt Stimmvollmachten vordatieren

Ein Miteigentümer hatte für den geplanten WEG-Versammlungstermin, dem 12.05., bereits eine Reise gebucht. Deshalb besuchte er den WEG-Verwalter am 03.05. in seinem Büro, besprach verschiedene Themen und überließ ihm seine Stimmvollmacht.
Beim Ausfüllen des Formulars bestand der Verwalter auf einem “Ausstellungsdatum” identisch dem des Versammlungstermins.
So unterschrieb der Miteigentümer mit Datum vom 12.05.

Am 06.05. kam jedoch ins Gespräch mit einem Nachbarn (Miteigentümer) und bat nun diesen, stellvertretende für den Verwalter, seine Stimmvollmacht auszuüben. Da bereits die Vollmacht an den Verwalter ausgestellt war, wurde eine erneute Vollmacht ausgestellt, diesmal auf den Namen des Nachbarn und datiert auf den 06.05.
Zusätzlich wurde vermerkt, dass “alle zuvor ausgestellten Vollmachten, insbesondere zugunsten der Hausverwaltung, ungültig” seien.

Am Tag der Versammlung wurde diese Vollmacht dem Verwalter überreicht.
“Die Vollmacht gebe ich Ihnen gleich wieder zurück, die können Sie wieder mitnehmen. Ich habe eine Vollmacht neueren Datums.”

Auf die erstaunten Blicke des bevollmächtigen Miteigentümers hin, entgegnet der Verwalter: “Diese Vollmacht hat mir Herr XY gestern in die Hand gedrückt. Er war zufällig in der Gegend und ist ins Büro gekommen.”

Der bevollmächtigte Miteigentümer zeigte sich erstaunt und bat den Verwalter um eine Kopie dieser Vollmacht “vom Vortag”. Dies wurde ihm verweigert, doch konnte ein Photo gemacht werden.vollmacht_orig_kasch2_kl

Der verreiste Miteigentümer konnte leider erst am Folgetag erreicht werden.
Er war in der Tat verreist und war  n i c h t  am Vortag der Versammlung, wie vom Verwalter behauptet, in dessen Büro gewesen.

Der Verwalter hatte nicht nur eine Vollmacht absichtlich – und zu seinem Zwecke – vordatieren lassen, so dass jede später ausgestellte Vollmacht automatisch ungültig werden würde. Er lügt auch und redet völligen Unsinn in Bezug auf den Besuchstermin des Miteigentümers, der am 03.05. stattgefunden hatte – und nicht am 11.05.

Ode an den Eingangsstempel

Ungültige Stimmvollmacht – weil zu spät eingereicht.
Eine Stimmvollmacht für eine Versammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft muss in der Versammlung in der Regel im Original vorgelegt werden können.

Eine Ausnahme wäre, wenn in der Teilungserklärung festgehalten ist, dass eine Vollmacht auch nachgereicht werden kann.

Die Prüfung, dass zur Versammlung eingereichte Stimmvollmachten im Original eingereicht sind und somit gültig sind, obliegt der Hausverwaltung.
Jedoch: eine doppelte Prüfung durch die Miteigentümer ist besser, denn nicht selten sehen Hausverwaltungen ungültige Vollmachten als “gültig” an, vor allem wenn sie selber, oder ein Verwalter-naher Miteigentümer, davon profitieren können.

Praxisfall:
Die WEG-Jahresversammlung sollte am 13.08.2015 stattfinden.
Wie sich erst später herausstellte, wurde untenstehende, auf die Hausverwaltung ausgestellte, Stimmvollmacht als “gültig” angesehen.

Der betroffene Eigentümer schrieb zunächst eine email an die Hausverwaltung:
“Sehr geehrte Damen und Herren, an der heutigen Wohnungseigentümerversammlung kann ich leider nicht teilnehmen. Ich bevollmächtige hiermit [Name der Hausverwaltung] mein Stimmrecht in der Versammlung am 13.0[8].2015 wahrzunehmen mit folgender Stimmanweisung…..”

Darauf antwortete der Verwalter, die Vollmacht müsse im Original vorliegen und schnellstens zur Post gebracht werden.

Wenige Tage nach der Versammlung traf in der Tat die Vollmacht, d.h. ausgedruckte Email mit Original-Unterschrift des Eigentümers ein.
Zudem der handschriftliche Vermerk:

“Sehr geehrter Herr [Name des Verwalters],
wunschgemäß reiche ich Ihnen dieses Blatt mit meiner Unterschrift nach.
Mit freundlichen Grüßen, …..
Datum 13.08.2015″

zu späte vollmacht2_kl

Was unterzugehen droht, bringt Photoshop zutage: so auch der oben rechts aufgesetzte Eingangsstempel, der das Datum 18.08.2015 auswies!
kaschiert_eingangsstempel datum nach versammlung

Dass die WEG-Verwaltung diese Vollmacht als gültig ansah und zudem das  Vertretungsrecht in der Versammlung ausübte, zeigt ein Auszug aus der Anwesenheitsliste der o.g. WEG-Versammlung.
Dieser Miteigentümer besaß die Wohnung “0039”. Auf der Anwesenheitsliste hat stellvertretend für ihn der Verwalter unterschrieben:
kaschiert_anwesenheitsliste_whg0039_2

Zudem bestätigte der Verwalter nachträglich schriftlich, für diesen Eigentümer das Stimmrecht ausgeübt zu haben.

Dies Vollmacht war nicht nur nicht gültig, der Verwalter wusste dies (Aufforderung zum Nachsenden per Post) – und nutzte trotzdem dies Vollmacht um in der Versammlung seine eigenen Interessen zu verfolgen, z.B. die Bildung eines Beirates zu verhindern (!).

Dieser Verwalter ist heute noch hauptberuflich tätig.

Empfohlene Gegenmaßnahmen
Prüfen Sie v o r  jeder Versammlung die vorliegenden Vollmachtstimmen.
Lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen!
Wird dies versucht, so sollten Sie doppelt sorgsam prüfen.

Insbesondere wenn Ihnen die Verwaltung unseriös erscheint.
Bei Zweifel: schauen Sie im Büro des Hausverwalters die Versammlungsunterlagen an. Kopieren Sie die Vollmachten und die Anwesenheitsliste.
Prüfen sie – wenn vorhanden den Eingangsstempel – der auf den Verwalter ausgestellten und per Post eingereichten Vollmachten.

Ungültige Stimmvollmachten – da als email eingereicht

Stimmvollmachten für Versammlungen der Eigentümergemeinschaften sind leider nicht immer gültig.

So ist eine als Email eingegangene Vollmacht und ohne Originalunterschrift nicht gültig. Das sollte vor allem der Verwalter wissen, doch dieser ignorierte dies und akzeptierte diese Vollmacht zugunsten eines Verwalter-nahen Miteigentümers.

Email des verhinderten Miteigentümers A. O. vom 12.08.2015:
“Sehr geehrter Herr Sch. [Name des bevollmächtigte Miteigentümers],
hiermit erteile ich Ihnen Vollmacht, mich auf der Eigentümerversammlung am 13.08.2015 zu vertreten. Keine Stimmzuweisung.
Mit freundlichen Grüßen…O. A.email_a_o_kaschiert

Den Beweis, dass diese email-Vollmacht in der Tat vom Verwalter akzeptiert wurde belegt der Auszug aus der Anwesenheitsliste, versehen mit der Unterschrift des Verwalter-nahen Miteigentümers:anwesenheitsliste_kasch_o_a

Versagen der Hausverwaltung:
Die Prüfung der Vollmachten war unzureichend.
Diese Vollmacht hätte als fehlerhaft verworfen werden müssen.
Bei dem bevollmächtigten Eigentümer Sch… handelt es sich um eine verwalternahe Person, die gerne im Sinne und zu Gunsten der Verwaltung abstimmt.

Empfohlene Gegenmaßnahmen
Genaues Prüfen a l l e r  Vollmachten, noch vor Beginn der WEG-Versammlung.