Wie ein Mantra wieder holte ein Verwalter jahrelang diesen Satz.
Vielleicht um sich selber davon zu überzeugen und sich dies einzureden.
Die Tatsachen sprachen dagegen: das in den 60er Jahren erbaute Dach hatte sein Lebensende erreicht. Es war mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln gebaut worden und doch die vergangen Jahrzehnten zogen nicht spurlos vorbei: die Dachpfannen lösten sich langsam in Einzelteile auf auf und von dem Mörtel, der die Dachpfannen verband und gegen eindringenden Wasser schützen sollte, war nach über 50 Jahren kaum noch etwas vorhanden. Eine Wasserdichtigkeit – wie noch zu Baubeginn durch neue Dachpfannen und verbindenden Mörtel – war nicht mehr vorhanden.
Auch eine heute übliche, wasserabweisende “Unterspannbahn”, – eine Plastikfolie, die unter den Dachpfannen angebracht war und vor eventuell endringendem Wasser schützen sollte – war nicht angebracht worden.
Da sich das Spitzdach nicht nur über den Speicher erstreckte sondern auch hinab in die oberste Etage (Dachgeschosswohnung) ragte, reichte somit auch das nicht mehr wasserdichte Dach in den Wohnbereich der obersten Etage hinein.
Eine weitere Undichtigkeit stellten die Gauben der Dachgeschosswohnung dar.
Auch sie stammten aus den 60er Jahren, waren altersschwach und vor einigen Jahren zudem unfachmännisch und von nicht befähigten Handwerkern “sanierte” worden.
Ausführende Kräfte waren gute Bekannte des Verwalters. Rechnungen gab es nicht, eine Gewähr für die Arbeiten auch nicht, bezahlt wurde in bar und zu deutlich überhöhten Preisen.
Aufgrund dieser Situation war es in den vergangen Jahren zu mehreren Wasserschäden gekommen, die der erste Verwalter mit “schlechtem und unzureichendem Lüften” der Mieter erklärte, der zweite Verwalter mit Wasserleitungen, die defekt wären….
Glücklicherweise bestätigten ein unabhängige Gutachter und mehrere Dachdecker, dass dieses Dach undicht und dringendst sanierungsbedürftig sei.
Es handelte sich um eine 12-köpfige Eigentümergemeinschaft.
Der Beiratsvorsitzende beabsichtigte seit geraumer Zeit, auszuziehen und seien Wohnung zu verkaufen. Damit er für seine Wohnung einen höheren Preis verlangen konnte , sollte die Rücklage und das Bankkonto der WEG möglichst hoch sein.
Dies würde sie jedoch nicht sein, wenn eine Dachsanierung in Höhe von ca. 60.000 € beschlossen werden würde. Außerdem störte ihn persönlich das undichte Dach nicht: Ärger hatten nur die Miteigentümer, deren Wohnung im Dachgeschoss lag.
Er selber wohnte in der ersten Etage. Er hatte also kein Problem.
Das Thema des zu erneuernde Dach hin nun schon seit 10 Jahren über der Eigentümergemeinschaft. Geld war vorhanden nicht das Thema – es sollte, lt. Beiratsvorsitzendem nur n i c h t für eine Dacherneuerung ausgegeben werden: er wünschte sich eine Fassadensäuberung und -sanierung, damit seine Wohnung in der 1. Etage besser zur Geltung käme. Der Verwalter, dem Beiratsvorsitzenden hörig, war ganz seiner Meinung.
Ein Gutachter wurde geladen, der schriftlich bestätigte: das Dach ist nicht wasserdicht!
Statt aber nun endlich eine Komplettsanierung zu beauftragen, entschieden sich die uninteressierten übrigen Miteigentümer (sie wohnten alle auf den unteren Etagen, im Trockenen), und unterstützt vom Verwalter, dass vorerst nur “Reparaturen” ausgeführt werden sollen. Das Dach wolle man dann in 5-6 Jahren erneuern lassen.
Daraufhin passiserte – nichts!
Keine Reparaturen am maroden Dach. Wo auch? Die Dachpfannen bröselten und zerfielen in Einzelteile, sobald ein Dachdecker das Dach bestieg.
Lediglich ein Ausstiegsfenster auf dem Speicher war wohl undicht oder musste erneuert werden. Dieses befand sich just in dem Teil des Speichers, wo der Beiratsvorsitzende seinen Abstellverschlag hatte. In diesen sollte es nicht hineinregnen. Dehalb das neue Speicherfenster. Und das war es: keine weiteren Maßnahmen.
Ein Jahr später war es dann wieder soweit: in einer der Dachgeschoßwohnungen wurden beim Auszug des Mieters deutliche Wasserflecken entdeckt. Ausserdem lösten sich erneut die Tapete von genau der Wand, die 2 Jahre zuvor nach einem ersten durch das marode Dach verursachten Feuchtigkeitsschaden neu tapeziert und gestrichen worden war.
Der Grund: erneut eintretende Feuchtigkeit durch das marode Dach.
Aufgrund der mantra-mäßigen Aussage des Verwalters “Das Dach ist dicht” mit der Abwandlung “Die Gemeinschaft will keine Dacherneuerung” und der Tatsache, dass die Miteigentümer über die beschlossenen, aber nicht (!) ausgeführten Reparaturmaßnahmen nicht unterrichten wurden, hielt dieser Zustand noch weitere 3 Jahre an.
Über drei Jahre lang war die geschädigte Dachgeschosswohnung aufgrund der weiter eindringenden Feuchtigkeit nicht vermietbar.
Mehrere Gutachter empfahlen dringend eine Sanierung, aber gegen das Mantra der Verwaltung “Das Dach ist dicht!” kamen sie nicht an.
Schliesslich fällte das Gericht einen Urteil, der die WEG dazu zwang, das Dach zu erneuern.
Wieder nichts. Der Beiratsvorsitzende hatte noch nicht seine Wohnung verkauft, deshalb durfte das Dach noch nicht erneuert werden.
Der Miteigentümer der Dachgeschosswohnung war danach gezwungen, bei Gericht einen “Antrag auf Ersatzvornahme” zu stellen, sprich einen Antrag auf Zwangssanierung: wenn die WEG es nicht machen wollte, so wolle es nun der geschädigte Miteigentümer für die WEG machen.
Erst als dieser Antrag bei Gericht einging und dem Verwalter bekannt wurde, kam Bewegung in die Sache.