Rheinische Post: Luft statt Heizöl – Experten warnen vor Betrug

Die Rheinische Post Online schreibt:


Frankfurt/Main (rpo)
. Mit den sinkenden Temperaturen steigen die Heizkosten. In diesem Jahr der Preiserhöhungen ganz besonders. Etliche Haushalte geben nun wieder ihre Heizölbestellung auf. Doch Vorsicht: Experten warnen vor Tricks der Lieferanten und geben Tipps, wie man sich davor schützen kann.

Für rund sechs Millionen deutsche Haushalte wird es nun Zeit für die große Heizölbestellung. Das wird in diesem Jahr ziemlich teuer – um so ärgerlicher, wenn dann jede Menge Luft statt Heizöl in den Tank gepumpt wird. Das ist keine Seltenheit, warnen die Eichämter der Länder. Die Beamten haben bei ihren Kontrollen hunderte Möglichkeiten entdeckt, Tankwagen zu manipulieren. Nachfolgend die Ratschläge der Experten und wie sich Kunden vor dem Betrug schützen können:

DIE TRICKS: Manche Fahrer lassen die Messuhr an ihrem Tankwagen mit einem Magneten schneller laufen. Andere pumpen einen Teil des Öls durch einen versteckten Schlauch zurück. Beliebt sind auch illegale Schläuche, die mehr Luft als Brennstoff durchdrücken. Nach einer Schätzung der Eichbehörden kann ein Lieferant allein dadurch leicht 10.000 Euro pro Monat erschwindeln. Die meisten Heizöl-Betrüger arbeiten jedoch mit simpleren Methoden: Da wird ein Lappen lässig über die Messuhr geworfen, damit der Kunde nicht sehen kann, dass der Zähler nicht bei Null anfängt, sondern bei 300 Litern. Oder der Schlauch wird einfach abgequetscht. Auch beliebt: Mit einem Keil wird das Ventil kurzerhand verschlossen – so lässt sich beliebig viel Luft verkaufen.

DER SCHUTZ: Der Kunde sollte dem Tankwagenfahrer bei der Anlieferung auf die Finger schauen, auch wenn das unangenehm ist.

Eigentümergemeinschaften oder Hausverwaltungen werden deshalb öfter betrogen, weil sie dem Lieferanten einfach den Schlüssel zum Heizkeller geben. Neben dem Eichsiegel sollte geprüft werden, ob der Zähler auf Null steht. Das Sichtglas muss beim Tanken immer mit Heizöl gefüllt sein – ohne Blasen. Damit nicht mehr abgerechnet wird als bestellt, zum Schluss unbedingt die Zählerstände notieren. Die Liefermenge wird, da sich Öl bei Wärme ausdehnt, auf eine Temperatur von 15 Grad umgerechnet. Kunden sollten wegen der Manipulationsgefahr Lieferanten meiden, die per Hand umrechnen. Wer glaubt, betrogen worden zu sein, sollte den Lieferschein nicht unterschreiben, den Händler sofort um Kontrolle bitten und sich an das Eichamt des Bundeslandes wenden.

Abwarten oder volltanken? Wann sollte der Tank befüllt werden?

Angesichts der hohen Preise fragen sich nun viele, ob sie noch abwarten sollen. Klar ist: Der Winter wird teuer für Hausbesitzer und Mieter. Mit den steigenden Rohölpreisen hat auch Heizöl neue Rekordwerte erklommen. Am Ölmarkt in Rotterdam werden für eine Tonne Heizöl derzeit zwischen 375 und 380 Dollar (308 bis 312 Euro) gezahlt, sagt Barbara Meyer-Bukow vom Mineralölwirtschaftsverband (MWV) in Hamburg. Die Endverbraucherpreise liegen laut Marktexperten im Schnitt bei 43,2 Cent je Liter. Bei einer Bestellung von 3000 Litern muss der Kunde damit derzeit 1296 Euro zahlen, rund 130 Euro mehr als vor einem Jahr. Wenn Vermieter zu diesen Preisen ihre Tanks füllen, müssen Mieter bei der Heizkostenabrechnung zum Jahresende bis zu 30 Prozent nachzahlen, errechnete der Deutsche Mieterbund.

Zwar sind sich Experten einig, dass die Preise bis zum Frühjahr wieder fallen. Doch wer kann schon so lange warten? “Viele Leute müssen jetzt tanken”, sagt Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. “Wir hatten zunächst geraten abzuwarten, und das war richtig.” Doch nun hält Peters die Zeit für gekommen, zuzuschlagen, “bevor der nachfragebedingte Preisauftrieb einsetzt”, wenn alle, die bisher gezögert haben, gleichzeitig ihre Tanks auffüllen müssen.

Das sieht Hans Diehl vom Tankgerätehersteller Tecson im holsteinschen Felde anders. “Die Preise fallen”, sagt Diehl, der den Heizölmarkt beobachtet. Bis Ende September, Anfang Oktober werde der Preis pro Liter auf 36 Cent zurückgehen, ist er sich sicher. Wer jetzt dringend tanken muss, sollte “je nach Anlage nur 1000 bis 1500 Liter einfüllen und warten, bis es günstiger wird”, rät Diehl.

“Die Wahrscheinlichkeit, dass die Preise zum November runter gehen, ist hoch”, sagt auch MWV-Sprecherin Meyer-Bukow. Allerdings könne niemand sagen, ob es in den USA zu einem frühen Kälteeinbruch kommt. “Weil die Tanks dort kleiner sind, kaufen die Amerikaner dann sofort.” Das schlage ebenso schnell auf die Preise in Rotterdam durch. “Das haben wir schon die letzten zwei bis drei Jahre erlebt.”

Auch Diehl sieht seine Prognose vom Wetter bedroht: “Wenn der Oktober kalt wird, werden die Preise nicht so stark fallen.” Die Deutschen hätten nicht besonders viel Heizöl gebunkert, sagt Günter Jäckel, Geschäftsführer des Gesamtverbandes des Deutschen Brennstoff- und Mineralölhandels. “Wenn alle auf einmal kommen, kann es Probleme geben”, sagt er. Nicht nur, dass die Lieferanten dann nicht mehr hinterher kommen. Sie können bei hoher Nachfrage auch mehr verlangen. Verbandsvertreter Jäckel wirbt deshalb für baldige Bestellungen: “Im Zweifel ist jetzt ein guter Zeitpunkt zu tanken.”

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