WEG-Hausverwalter: “Es liegt uns leider nur 1 Angebot vor”… und die Konsequenzen

[Beitrag 8094] – Kritik und Detailanalyse, Satz für Satz, des TOPs des WEG-Hausverwalters in der Tagesordnung zur Wohnungseigentümerversammlung: Dachterrassen-Erneuerung

Unseriöse Verwaltungen haben sich auf die Manipulation und Abzocke von Wohnungseigentümern spezialisiert.
Hierzu gehört es, ihnen viel Geld für wenig Leistung aus den Taschen zu ziehen. Die Differenz findet dann seinen Weg… und versickert irgendwo zwischen dem Verwalter und dem Dienstleister.

Die Voraussetzung ist Augenwischerei: die Wohnungseigentümer sollen nicht merken, dass die betragen werden und z.B. unnötige (Sanierungs-)Maßnahmen… überteuert bezahlen.

Die Rechtsprechung bemüht sich, den Missbrauch in Grenzen zu halten und sieht für alle Maßnahmen, die eine gewissen Summe überschreiten vor, dass zwingend Alternativ-Kostenvoranschläge und Vergleichsangebote vorgelegt werden.

Dies liegt den unseriösen Verwaltern im Magen, versuchen dies zu vermeiden. und behaupten “Leider liegt uns nur 1 Angebot vor. Wir haben uns sooo bemüht, aber leider hat kein Anbieter ein weiteres Angebot unterbreitet.”
Nun das ist doch traurig. Aber leider oft gelogen.

Denn man hat sich oft gar nicht erst bemüht, weitere Angebote einzuholen, da der unseriöse Verwalter sich mit dem Dienstleister schon “einig” werden konnte über die Verteilung des Differenzbetrags zwischen Wert der Dienstleistung und der überhöhten Berechnung an die WEG…. 

Praxisbeispiel:  Dachterrassen – Erneuerung
Soll von gutem Bekannten der Hausverwaltung V durchgeführt werden, der kein Fachmann ist und erst recht kein Dachdecker.
Denn: hier ist der Dachdecker der richtige Fachmann, am besten einer, der Mitglied der Dachdeckerinnung ist.

Auszug aus der Tagesordnung:
TOP 7 Beschlussfassung über die Dachterrassensanierung
Bereits seit einiger Zeit kam es gelegentlich zu kleineren Wasserschäden in der Wohnung WE 08. Die Ursache wurde zunächst auf dem Dach vermutet, die Untersuchungen durch eine Fachfirma [Frage: wer genau? War es ein Dachdecker?] konnte den Verdacht aber nicht bestätigen.
Inzwischen besteht Klarheit darüber, dass der Dachterrassenabfluss der WE 36 der maßgebliche Verursacher der Wasserschäden ist.
Bei der partiellen Öffnung der Dachterrasse wurde wiederum festgestellt, dass auch der gesamte Aufbau der Dachterrasse erhebliche Mängel aufweist [Frage:  genau welche Mängel?].
In der Konsequenz wäre es nicht sinnvoll, nur den Abfluss der Dachterrasse zu erneuern, sondern es wird auch vom Architekten Herrn Dipl.-Ing. S [auch guter Bekannter der Verwaltung] dringend empfohlen, die Dachterrasse gleich mit zu sanieren.
Hier gilt es eine weitere mögliche Schädigung der Bausubstanz vorzubeugen.
Die Verwaltung hat diverse Fachfirmen angeschrieben und um Angebotsabgabe gebeten. Stand heute liegt ein Angebot der Fa. X mit Kosten in Höhe von 11.116,98 € vor.
Dieses wurde von Herrn Dipl.-Ing. S geprüft und für gut befunden.
Vorgeschlagene Beschlussfassung:
Die Eigentümergemeinschaft beschließt die Fachfirma X mit der Sanierung der Dachterrasse der WE 36 mit einer Kostenobergrenze von maximal 14.000,00 € brutto zu beauftragen.
Sollte ein weiteres vergleichbares aber kostengünstigeres Angebot als das von der Fa. X bei der Verwaltung eingehen, wird die Verwaltung dieses beauftragen. Die Abnahme erfolgt durch einen Sachverständigen.
Die Kosten für diese Baumaßnahme werden aus der Erhaltungsrücklage bezahlt.

Was will uns der Verwalter sagen? Hier die Übersetzung:
1. Ein verstopftes oder defektes Regenrohr in der überliegenden Wohnung Nr. 36 führte zu einem kleinen Wasserschaden in der unterliegenden Whg. Nr. 08.

2. Man dachte zunächst es sei das Dach, schickte einen guten Bekannten des Verwalters in (wird immer als “Fachfirma” ohne Namen beschrieben”) der das Dach teilweise öffnete und Potential entdeckte.

3.”In der Konsequenz” – Jetzt soll den Miteigentümern etwas schmackhaft gemacht werden.
Vom verstopften Regenrohr zur Dachterrassensanierung in einem Satz –  das ist eine Leistung!
Der mit der Verwaltung befreundete  “Dipl.-Ing. Herr S” empfiehlt DRINGEND (!) — Achtung!! – zusammen mit der Regenrohr-Erneuerung … die Dachterrasse “gleich mitzusanieren”.

4. “Hier gilt es eine weitere mögliche (?!) Schädigung der Bausubstanz vorzubeugen.”
Also, im Grunde weiss man nichts. Kann ja nix schaden, gleich alles neu zu machen.

5. Die Verwaltung hat diverse Fachfirmen angeschrieben und um Angebotsabgabe gebeten.
Oder auch nicht. Darf man erfahren, welche “Fachfirmen” angeschrieben wurden und wann?
Was versteht die Verwaltung unter “Fachfirma”? Warum sagt sie nicht gleich Dachdecker? – Weil vielleicht kein einziger Dachdecker angeschrieben worden ist?

6. “Stand heute liegt ein Angebot der Fa. X mit Kosten in Höhe von 11.116,98 € vor.”
Das ist ein Haufen Geld, als Alternative zur Erneuerung des Abflussrohrs.
Und Fa X ist kein Dachdecker. Es handelt sich um Einzelperson, die alles macht.
Und wahrscheinlich vorzüglich mit Hausverwaltungen zusammenarbeitet.
Fachwissen in Form eines Meisterbriefs ist nicht vorhanden. Und wer würde diese Arbeiten überhaupt abnehmen und kontrollieren? Was auf Dächern umso schwerer ist?

7. “Diese wurde von Herrn Dipl.-Ing. Spital geprüft und für gut befunden.”
Würde wohl jeder, wenn er dafür viel Geld bekommt.

8. ” Vorgeschlagene Beschlussfassung: Die Eigentümergemeinschaft beschließt die Fachfirma X mit der Sanierung der Dachterrasse der WE 36 mit einer Kostenobergrenze von maximal 14.000,00 € brutto zu beauftragen. “
Nanu – warum denn nun 14.000 € wenn das Angebot des Anbieters bei 11.116 € liegt?
Wer bekommt die Differenz von 2.884 € und wofür??

9. “Sollte ein weiteres vergleichbares aber kostengünstigeres Angebot als das von der Fa. X bei der Verwaltung eingehen, wird die Verwaltung dieses beauftragen.”
 Von wem soll denn da spontan ein Angebot hereinflattern?? Und warum?

10. “Die Abnahme erfolgt durch einen Sachverständigen.”
– Damit ist wohl der Herr Dipl-Ing. S gemeint. Es ist auch ein Bekannter der Verwaltung, ihr Sprachrohr. Es ist nicht öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger. Er ist auch kein Fachmann für Dachterrassensanierung. Er hält nur die Hand auf und segnet den Mist ab, den der Einzelunternehmer X dorthin zaubert.

11. “Die Kosten für diese Baumaßnahme werden aus der Erhaltungsrücklage bezahlt.”
Die Baumaßnahme ist vor allem komplett UNNÖTIG.

Empfehlung:
Es stinkt zum Himmel. Hier sollen Gelder eine neue Heimat finden.
Grundsätzliches zu Sanierungsarbeiten
1. Erst reparieren, dann erneuern
wenn es sich um Gemeinschaftseigentum handelt, wie in diesem Fall, muss dieses Gemeinschaftseigentum (Dachterrasse) repariert werden. Wenn eine Reparation nicht mehr möglich ist, muss dies genau dokumentiert werden., z.B. von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder einem Dachdecker der Innung.
Hier scheint aber noch nicht einmal eine Reparatur nötig! – Und die Dachterrassensanierung soll nur prophylaxisch vorgenommen werden, soll “möglicher Schädigung vorbeugen”.
– Es ist also noch nicht einmal ein Schaden festgestellt worden!!!

2. Es müssen mindestens 3 vergleichbare Angebote vorliegen
Der tiefere Grund hierfür: “Durch das Einholen von Konkurrenz- und Alternativangeboten soll gewährleistet werden, dass einerseits technische Lösungen gewählt werden, die eine dauerhafte Beseitigung vn Mängeln und Schäden versprechen, dass aber andererseits auf Wirtschaftlichkeit geachtet wird und keine überteuerten Aufträge erteilt werden.
Ausnahme: trotz großer Mühe war es dem Verwalter nicht möglich, Alternativangebote einzuholen.”

3. Rein mündliches  Angebot ist ungeeignet
Angebote müssen schon schriftlich vorliegen.

4. Dokumentation der erfolgreichen Bemühungen für Alternativ-Angebote
Also genau welche Bemühungen gab sich der Hausverwalter hin?
Genau welche Firmen wurden wann angeschrieben und wo sind die Anschreiben/Belege/Dokumente?